Freie Dorfgemeinschaft Schwangau
19.09.2012 17:13 Alter: 12 yrs

Bericht Themenabend „Nationalpark Ammergebirge“ am 03. Juli 2012


Nach Begrüßung durch 1. Vorstand Thomas Lenz und Moderator Hansjörg Lederer, erklärte dieser, dass zum Thema „Nationalpark Ammergebirge“ Pro- und Kontraseite, vertreten durch Herrn Dr. Ehrhardt und Herrn Robert Berchtold, jeweils maximal 45 Minuten Vortragszeit nutzen dürfen.

Der Sinn der Vorträge in unmittelbarer Abfolge sollte dem Publikum ermöglichen, sich eine bessere Meinung zum Thema zu bilden. Als Zusatzmöglichkeit wurde anschließend an die Vorträge eine Diskussionsrunde angeboten.

Herr Dr. Ehrhardt als maßgeblicher Initiator der „Idee Nationalpark Ammergebirge“ hielt seinen eindrucksvollen und sehr interessanten Vortrag auf Basis der Internetseite des gleichnamigen Fördervereins (www.initiative-nationalpark-ammergebirge.de). Neben den Zahlen, Daten und herrlichen Naturaufnahmen des angesprochenen Gebietes zwischen Säuling und Zugspitze, führte er auch eine bemerkenswerte Aussage an:
So sagte er sinngemäß, dass das vorgesehene Gebiet mit 230 km² für einen Nationalpark nach der Definition der IUCN1, also nach internationalen Kriterien, zu klein sei, um etwa auch Bären und Wölfen, als natürliche Feinde des Schalenwildes, einen entsprechenden Lebensraum zu bieten. Somit müsse selbstverständlich diesbezüglich regulierend eingegriffen werden, d. h. Jagd ist notwendig. Der Grund liegt im Schutz des, dank Vorgängergenerationen heutiger Förster und Jäger, in hervorragendem Zustand befindlichem Waldbestandes mit all seinen Alleinstellungsmerkmalen in Deutschland. Dieses Erfordernis ist eine von mehreren Ausnahmen gegenüber der IUCN-Definition bei Ehrhardts Nationalpark-Idee.
Eine weitere Ausnahme wäre notwendig und auch kein Problem, so Ehrhardt, wenn weiterhin eine Alpbewirtschaftung an den Lichtweiden zwischen Kofelalm und Jägerhütte erfolgen darf.
Insgesamt bestätigte er überhaupt dem gesamten Gebiet einen exzellenten Zustand, der sicher auch der schwer zugänglichen Lage und Topographie zu verdanken sei. Damit das so bleiben kann muss nach Meinung der Initiative „Nationalpark Ammergebirge“ dieser ins Leben gerufen werden. Das bestehende Naturschutzgebiet biete nicht den ausreichenden Schutz dieses Naturrefugiums, sind sich Ehrhardt, Endhardt und ihre Anhänger sicher. Man müsse „Natur Natur sein lassen“, ohne jegliche Eingriffe. Dies wird in der Kernzone eines NP realisiert - bis auf die bei uns erforderlichen Ausnahmen.

1) http://de.wikipedia.org/wiki/International_Union_for_Conservation_of_Nature_and_Natural_Resources

Den Vortrag von Forstdirektor Robert Berchtold finden Sie unter www.freie-dorfgemeinschaft-schwangau.de/informationen/vortrag-nationalpark-ammergebirge.html

In der anschließenden Diskussion saßen Hubert Endhardt, der 1. Vorsitzende des Fördervereins Nationalpark Ammergebirge, und Robert Berchtold, Forstdirektor Forstamt Füssen, auf dem Podium.

Auf die Frage, was der Nationalpark zum Naturschutzgebiet für einen Unterschied bringe, kamen von den Herren Endhardt und Ehrhardt vom Förderverein NP-Ammergebirge folgende Antworten:

Man kann mit einem NP die Natur besser schützen und „Natur Natur sein lassen“.

Es ändert sich primär nur die Verwaltung und der Schutzstatus, weil dieses Gebiet strikt nach der Definition der IUCN mit 75 % Kernzone und 25 % Pflegezone gar nicht als Mischwald-Nationalpark zu betreiben wäre. Der Grund ist die sehr kleine Fläche von 230 km², die z. B. eine Ansiedelung der natürlichen Feinde des Schalenwildes, wie Wolf und Bär, nicht ermögliche. Das bedinge weiterhin die Jagd des Schalenwildes.

Zudem wäre der NP im Bayerischen Wald für den Tourismus ein Segen.

Darauf meldete sich der Berufsjäger Hans Greindl, gebürtig aus dem bayerischen Wald, zu Wort und stellte fest, dass Bayerischer Wald und hier unser Gebiet im Zusammenhang mit der Thematik Nationalpark nicht vergleichbar seien – auf keiner Ebene. Er erklärte, dass die jetzt im Naturschutzgebiet in den Übergangszonen zwischen Lichtweide und Waldweide vorherrschende Biodiversität so ohne diese Gegebenheiten gar nicht vorkäme. In einem NP wäre diese Konstellation unerwünscht. Weiters bemerkte er, dass das jetzige Naturschutzgebiet so sorgsam bewirtschaftet würde, dass es für einen Nationalpark keinen Bedarf gebe.

Bezüglich der Jagd im NP, die ja dort dann schlußendlich nicht mehr stattfinden dürfte, führte Endhardt an, in Berchtesgaden sei das kein Problem, weil in der Pflegezone immer Jagd vorgesehen bleibe.

Der berchtesgadener Berufsjäger Hennemann erklärte daraufhin, die dortigen Verhältnisse seien grundlegend anders, als hier bei uns. Unsere Mischwälder bedürfen einer Regulierung des Schalenwildes in einem Umfang, der nur über die Pflegezone nicht erreichbar sei. Hier wäre ein ganz anderer Regulierungsplan erforderlich. Er hat dort sein Handwerk gelernt und kennt sich hier wie dort genauestens aus. Endhardt erklärte, dieser Sachverhalt erlaube sicher eine Sonderregelung, denn man müsse die „Belästigung durch das Schalenwild“ im Bergmischwald natürlich unterbinden.

Forstmann Martin Kainz bekundete, es werden seit Jahren und auch weiterhin starke Anstrengungen im Naturschutzgebiet unternommen, dass dessen Zustand als Kulturlandschaft mit ursprünglichen, unberührten Zonen hervorragend ist und bleibe.

Die Landwirte hier in Schwangau erklärten, dass sie besonders hart betroffen wären, da sie keine Weiderechte haben. Die momentan bestehenden Pachtverträge laufen immer nur über zehn Jahre. Sollten diese vom Freistaat nicht verlängert werden, fehlt hier wichtiges Sommerweidepotenzial. Dies ist z. B. in Berchtesgaden grundlegend anders, da dort nahezu ausschließlich Weiderecht vorliegt.

Auch Herr Brinkmann, pensionierter Beamter aus dem Land- und Forstwirtschaftsministerium, sprach sich klar gegen die Notwendigkeit eines NP aus, da das vorhandene Naturschutzgebiet in seiner aktuellen Umsetzung optimalen Schutz bietet.

Schlußendlich blieben die Befürworter eines NP Ammergebirge tragende und überzeugende Argumente schuldig, widersprachen sich auffällig oft und wurden von den Fachleuten aus Land- und Forstwirtschaft erdrückend widerlegt.

Wie die Freie Dorfgemeinschaft zu einem NP steht, sehen Sie unter www.freie-dorfgemeinschaft-schwangau.de/informationen/standpunkt-der-fdg-zum-np-ammergebirge.html